Wie man Schüchternheit überwindet

Schüchternheit überwinden bedeutet Farbe bekennen

Schüchternheit überwinden bedeutet Farbe bekennen.

Auf meiner Facebook Fanseite stellte mir vor kurzem Chris (Schüler, 16 Jahre alt) in einer Mail die Frage, wie man seine Schüchternheit überwinden könne. Er selbst war so sehr von dieser Schüchternheit betroffen, dass er sich wortwörtlich fast nicht mehr traute, seinen Mund aufzumachen. Dieses mangelnde Selbstvertrauen ist ein Thema für die meisten Menschen, denn jeder ist in dem ein oder anderen Lebensbereich oftmals zu schüchtern und bleibt daher auf dem eigenen Erfolgsweg leider stehen. Dabei gibt es klare Strategien, wie man Schüchternheit überwinden kann.

Chris hatte mich bei einem meiner Persönlichkeitsvorträge für Jugendliche in seiner Schule gesehen. Er war begeistert von der Veranstaltung und von den Inhalten berührt. Doch mit meiner zuletzt präsentierten Erfolgsregel (Geh Deinen Weg nie allein – Erfolgsmenschen haben ein Erfolgsteam) sah er sich überfordert. Er schrieb mir, dass er diesen Punkt nicht umsetzen könne, da er keine Mitmenschen um sich habe, die sein Team bilden könnten, um ihn auf seinem Weg zu unterstützen. Der Grund dafür sei seine eigene Schüchternheit. Hier einige Zeilen aus seiner Mail an mich:

„Ich war eigentlich schon immer schüchtern gegenüber fremden Personen, und mit „immer“ meine ich solange ich mich erinnern kann. Aber in den letzten 2 Jahren ist es viel schlimmer geworden. Ich bin in eine andere Klasse gekommen, in der ich keinen kannte. Ich wollte erstmal nichts mit denen zu tun haben, also ist es irgendwie darauf hinausgelaufen, dass ich nicht mit ihnen geredet habe. Das hat sich immer so weiterentwickelt und jetzt bin ich „Der, der nie redet“, obwohl ich eigentlich ja gar nicht so bin oder sein will.
Da ich ja einen Großteil meiner Zeit in der Schule verbringe, habe ich mich dadurch natürlich auch verändert, wie ich wirklich bin. Meine Schüchternheit ist viel größer geworden und mir fällt es extrem schwer Kontakte zu knüpfen. Dazu kommt noch, dass die paar „Freunde“ die ich habe, nur in der Schule treffe und so gut wie nie in der Freizeit. Ich komme also nicht wirklich raus, was es irgendwie unmöglich macht neue Freunde zu finden.
Ich weiß, dass eine gute Möglichkeit Leute kennenzulernen Sportvereine sind, aber ich hab schon viele Sportarten gemacht (Fußball, Tennis, Tischtennis, Skispringen, Langlaufen, Skifahren), aber irgendwann immer das Interesse verloren. Mir fällt im Moment nichts ein, was mich irgendwie reizt. Und ich weiß auch, dass mich eigentlich nicht interessieren sollte, was die Andernen über mich denken, aber es ist meine komplette Jahrgangsstufe, die mich fast nie reden hört. Das kann ich nicht ignorieren.“

Wie man Ängste überwindet

Die Mail von Chris an mich war sehr mutig. Es fiel ihm mit Sicherheit nicht leicht, mir das alles zu schreiben und sich sozusagen zu „outen“. Er musste sicherlich seine Schüchternheit dafür überwinden. Und genau das führt uns zur ersten Wahrheit über die Überwindung von Ängsten und Blockaden: Um Ängste zu überwinden muss man TUN, wovor man Angst hat.
Autogenes Training ist nett. Auch Meditationstraining, Yoga, Tai Chi oder Atemtechniken sind wunderbar. Doch sie alle haben eine Sache gemeinsam: Über die Angsthürde können Sie uns nicht heben. Auch alle Mentaltechniken wie Visualisierungstraining sind vergebene Liebesmühe, wenn der Aktionsaspekt fehlt. Der Mensch besteht eben aus Körper, Geist und Seele und ist daher auch auf all diesen Ebenen gefordert. Aus diesem Grund ist es erstmal wichtig festzuhalten, dass man seine Schüchternheit nur dann überwinden kann, wenn man etwas mutiges tut, anstatt es nur zu denken! Alles positive Denken ist unsinn, wenn man nicht positiv handelt und somit auch nicht positiv ist. Alleine der „geistige Weg“ ist niemals die Lösung.

Die zweite Wahrheit zur Überwidung von Chris Schüchternheit lautet: Sein Problem ist NICHT, dass er nicht redet. Sein Problem ist seine Selbstillusion. Er hat ein mangelndes Verständnis von sich selbst, was sich in mangelhaftem Selbstbewusstsein auswirkt. Sein Schweigen ist nur die Auswirkung (sozusagen die „Ernte“). Entscheidend für die Ernte ist aber das „Samenkorn“ das ich säe – sprich die gesetzte Ursache. Die Ursache für das Problem von Chris Schüchternheit liegt in einer Illusion, die er bezüglich seiner eigenen Persönlichkeit hat. Das Wort „Persönlichkeit“ kommt vom griechischen Wort Persona, was soviel bedeutet wie die „Maske“ eines Schauspielers. Wir alle tragen solche Masken und spielen somit verschiedene „Rollen“ in unserem Leben. Wichtig ist, dass wir verstehen: Wir SIND nicht unsere Persönlichkeit, sondern wir HABEN eine Persönlichkeit. Und alles was man hat, kann man auch wieder hergeben und verändern.

Chris hat irgendwann in seinem Leben eine Rolle angenommen. Er ist der, der nie spricht. Also ein Außenseiter. Diese Rolle entspricht nicht der Stimme seines Herzens, was übrigens meistens so ist, wenn man sich die Masken von anderen Menschen (Eltern, Schulkameraden, Arbeitskollegen) im Leben aufsetzen lässt, nur um eine Rolle zu spielen, die andere von einem erwarten. Es geht nun darum, eine Entscheidung für ein neues Kapitel im Drehbuch des eigenen Lebens zu treffen, in der man einen neuen, selbstgewählten Charakter spielen möchte, der dem Wunsch des eigenen Herzens auch wirklich entspricht. Will man diesen Schritt konsequent gehen, bedeutet das allerdings auch, dass ein anderes Rollenverhalten eingenommen werden muss. Denn ohne neues Verhalten gibt es keine neuen Verhältnisse!
Dies ist zu Beginn natürlich nicht ganz einfach, denn in jedes Rolle muss man sich erstmal einfinden. Ganz unabhängig davon ist dies aber der einzige Weg zur Lösung gegen die Schüchternheit. Die eigenen Ängste überwindet man nur dann, wenn man aktiv aus der alten Rolle herausschlüpft und bewusst in einen neuen Charakter, mit neuen Verhaltensweisen einsteigt, was sich am Anfang durchaus öfter erstmal als „Schauspielerei“ anfühlt. Das ist nur natürlich, denn es geht um das Erlernen von neuen Gewohnheiten. Und Charakter ist eine psychische Gewohnheit! Um ihn zu verändern muss ich etwas anderes denken und tun, als bisher.

Wie man aus der alten Rolle der Schüchternheit herausschlüpft.

Bequemlichkeit und bisherige Gewohnheiten, aber vor allem eben auch die innere Angst versucht uns in der alten Rolle festzuhalten. Angst ist grundsätzlich etwas Gutes, denn sie schützt uns vor Dummheiten. Allerdings gibt es zwei unnütze „neue“ gesllschaftliche Angstformen, welche die persönliche Entwicklung eines Menschen blockieren. Diese beiden Ängste sind: 1. Die Angst zu versagen; 2. die Angst vor Ablehnung.
Chris spürt beide in Kombination. Er hat einerseits Angst, etwas falsch zu machen oder falsch zu sagen (Versagensangst) und zweitens hat er Angst vor der Reaktion der anderen Leute (Ablehnungsangst). Sie könnten ihn ja auslachen etc..

Gegen diese Ängste macht es keinen Sinn zu kämpfen, indem man sie unterdrückt oder versucht sich den „Unsinn“ selbst auszureden. Das einzige Erfolgsrezept ist: Man muss Angst und Schüchternheit mit innerer Stärke begegnen. Es geht also primär erstmal darum, diese innere Stärke durch Selbstbewusstsein aufzubauen. Selbstbewusstsein hat damit zu tun, dass man neue positive Eigenschaften an sich selbst erkennt, bzw. auch bereits erkannte positive Eigenschaften (oder Fähigkeiten) mehr in den Mittelpunkt seines täglichen Handelns und Denkens stellt, womit man ihnen eine größere Bedeutung gibt. Davon kann Sie keiner abhalten! Das Schlüsselwort lautet also: Stärkentraining!

Chris muss erkennen und wissen, was er gut kann oder was er z.B. lernen könnte um richtig gut darin zu werden. Also worin liegen seine Talente? Woran hat er Freude? Welche Themen begeistern ihn? Vor allem die letzte Frage ist wichtig! Denn alles was uns begeistert, liefert Energie wenn wir uns damit beschäftigen. Und diese Energie trägt dazu bei, dass man in diesen Themenbereich soviel Zeit, Übung und Aufmerksamkeit investiert, dass daraus ein Expertenstatus oder neue großartige Fähigkeiten/Eigenschaften entsteht. Fakt Nr. 1 dazu ist allerdings: Ja, es braucht Zeit! Und Fakt Nr. 2 dazu ist: Ja, da muss man sich ganz schön intensiv mit sich selbst beschäftigen! Wir müssen von unserer Haltung wegkommen, dass uns andere Menschen (wie Eltern, Lehrer oder Vorgesetzte) immer die wichtigen Dinge im Leben vermitteln und wir im Rolltreppenmodus erlernen was wir brauchen. Nein, so geht es nicht!. Kein Mensch auf der Welt kann Ihnen Ihre wirklichen Stärken und Talente vermitteln. Das ist ein Prozess der SELBSTERKENNTNIS. Und Selbsterkenntnis heißt deswegen so, weil Sie es SELBST erkennen müssen.

Vor kurzem sprach ich mit einer Freundin, die selbst ebenfalls an ziemlicher Schüchternheit leidet. Dieses Problem spiegelt sich allerdings bei ihr seit Jahren im Bezug auf die Männerwelt wider. Ihr Dilemma ist, dass auf die Männer Ihrer Begierde, offensichtlich keine besondere Wirkung hinterlässt. Und das obwohl sie sehr nett, höflich, gut gelaunt und auch gutaussehend ist. Doch eine Hülle ohne dementsprechenden „Inhalt“ (Geist) der diesen Körper mit der entsprechenden Ausstrahlung ausfüllt ist nutzlos. Was hilft ein Superman – Kostüm, wenn man sich darin verhält wie eine Mischung aus Biene Maya und Garfield?
Ich stellte meiner guten Freundin eine Frage und traf damit den Punkt: „Sag mir doch mal die 3 größten Stärken, die Deinen Körper auszeichnen.“ Nach mehreren versuchten Ausweichmanövern ihrerseits kam klar heraus, dass sie keine weiß. Sie findet sich selbst nicht hässlich, aber sie weiß auch nicht was toll an ihr sein soll. „Es ist alles ganz okay.“, heißt es dann. Ganz okay??? Das ist eine Durchschnittsaussage eines Menschen mit Durchschnittsdenken und somit einer Durchschnittsausstrahlung. Dass also Folge dann Durchschnittsergebnisse kommen, verwundert wenig. Durch ihre Selbstillusion, dass nichts an ihrem Körper besonders betonenswert ist, ergibt sich ihr Verhalten. Sie betont keinerlei ihrer durchaus vorhandenen körperlichen Potenziale, wodurch keine optisch deutlich erkennbaren Stärken entstehen. Ihre Augen zum Beispiel sind wunderschön, aber da sie dieses Potenzial nicht erkennt, betont sie es auch nicht und kann sie daher auch nicht einsetzen um andere Ergebnisse zu erzielen.

Erfolgsregel: Wer seine Talente & Potenziale nicht selbst an sich erkennt UND präsentiert, wird im Leben nie stark.

Zurück zu meinem Facebook Fan Chris. Mein Tipp an ihn war also: „Mache Dir eine Stärkenliste!“  Es ist ein mutiger erster Schritt gegen die Schüchternheit sich schon mal ein Blatt Papier zur Hand zu nehmen und alle Stärken, Talente und Potenziale über sich selbst aufzuschreiben, die einem einfallen. So ein Prozess kann und darf gerne über mehrere Tage gehen. Jeden Tag 1-2 neue Punkte sind schon ein kleiner Erfolg.
Danach stellt sich die Frage, was man mit den gefunden Punkten macht. Nehmen Sie die 3 für Sie wichtigsten Punkte und überlegen Sie sich eine Strategie, wie Sie diese Punkte in Zukunft noch weiter ausbauen und vor allem auch nach außen präsentieren können. Selbstbewusstsein bauen Sie nur dann auf, wenn Sie in dem ein oder anderen Punkt richtig richtig richtig gut sind!  Die meisten Menschen die an Schüchternheit leiden glauben nämlich von sich, dass (fast gar) nichts an ihnen wirklich gut ist oder sie auch nichts besonders gut können. Das ist eine massive Selbstillusion die dazu führt, dass man sich selbst versteckt.

Was Sie sich immer vor Augen halten müssen ist, dass jeder Mensch mit einmaligen Talenten, Potenzialen und Begeisterungsfähigkeiten geboren wird. Und es ist unsere Lebensaufgabe diese Fähigkeiten zu entdecken und so groß zu machen, dass man sich selbst und somit auch andere damit glücklich machen kann. Denn Sie können Ihre Stärken immer dazu einsetzen, anderen Menschen etwas ZU GEBEN! Chris hat sehr viel zu geben, denn z.B. seine Sensibilität die er offensichtlich hat, würde manchen Menschen sehr gut tun. Oder suchen Sie sich als Freund ein unsensibles Arschloch aus??

Dieses Prinzip der Talententwicklung und Betonung funktioniert in jedem Bereich. Egal ob Sie ein
– optisches Talent (Aussehen, Körper)
– ein körperliches Talent (Fähigkeit im Sport, oder z.B. handwerklich, künstlerisch)
– ein intellektuelles Talent (Expertenwissen, Intelligenz)
oder ein Persönlichkeitstalent (wie z.B. Zuverlässigkeit, Kreativität, Strategie, Positive Einstellung oder Disziplin) haben – alles kann man nutzen und ausbauen. Dadurch erhalten Sie nach einiger Zeit ein anderes Bild von sich selbst und werden anders nach außen wirken. Die Folge davon sind andere Ergebnisse. Können Sie sich vorstellen, dass hier dann der Weg von der Schüchternheit zum Selbstvertrauen unvermeidbar wird?
Entscheidend ist, dass Sie jetzt nicht noch weiter ewig darüber nachdenken, sondern dass Sie aktiv werden. Sofort! Nehmen Sie ein Blatt und einen Stift zur Hand und beginnen Sie zu schreiben. Tun Sie ab sofort JEDEN TAG etwas für Ihre Stärken und Talente. Erkennen Sie Ihre Stärken, betonen Sie sie und reden Sie drüber. Wenn Sie das für 2 Monate jeden Tag 15-20 Minuten tun, entwickelt sich Ihr Leben auf ein neues Qualitätslevel. Versprochen!

Steffen Kirchner  |  Speaker & Mentalcoach  |  www.steffenkirchner.de

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2 Gedanken zu „Wie man Schüchternheit überwindet

  1. Bis vor wenigen Jahren war ich selbst extrem schüchtern. Mit einigen guten Tipps und viel Disziplin konnte ich diese Herausforderung jedoch meistern. Danach kann ich nurmehr bestätigen, dass es notwendig ist zu TUN wovor man sich fürchtet.

    Oftmals verliert man sich darin jede menge Wissen zu sammeln. Man weiß alles über seine Angst, kennt die Hintergründe und den Weg heraus. Aber man geht in nicht. Doch genau darum geht es! Es geht um das TUN!

    Früher habe ich mich auch in jeder menge negativer Gedanken vergraben (das geht doch nicht, das darfst du nicht). Heute akzeptiere ich solche Gedanken nicht mehr. Weder meine eigenen, noch die anderer Menschen.
    Und das sehe ich auch als einen ganz wichtigen Tipp, der auch schon ähnlich erwähnt wurde: nur wer gutes über sich zu sagen weiß, kann darauf hoffen dass auch andere gut über ihn sprechen.
    Gleiches gilt für die Liebe: wer eine glückliche Beziehung und geliebt werden möchte, der muss zuerst lernen sich selbst zu lieben. Gut über sich selbst zu sprechen ist ein hervorragender Anfang!

  2. Sehr cooler Artikel! Danke Steffen.
    Mir ging es auch sehr lange so. Mir hat dann vor allem geholfen im Verkauf zu arbeiten. Dabei war ich gezwungen viele Stunden am Tag mit Menschen zu reden. Mit der Zeit ist dann die Schüchternheit immer schwächer geworden.
    Liebe Grüße

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