Aufgeben erlaubt: Wann es sich lohnt, loszulassen statt durchzuhalten

aufgeben und wie ein Heißluftballon aufsteigen23,5 Millionen Ergebnisse bekommst Du, wenn Du den Spruch „Never give up“ in die Suchmaschine eingibst. Dabei ist die Basis für ein erfülltes Leben die gesunde Balance aus Durchhalten und Aufgeben. Aber wann ist durchhalten und wann loslassen angesagt? An welchen Zielen halte ich fest und von welchen sollte ich mich verabschieden? Hier kommen die Tools für die richtige Entscheidung und das richtige Timing.

Wer aufgibt gilt als Weichei. Diese Ansicht ist weit verbreitet und das Durchhalten um jeden Preis wird heroisiert und bei erfolgreichen Menschen verehrt. Die Geschichten, bei denen das Festhalten an einem (zu großen) Ziel nicht zum Erfolg geführt hat, werden allerdings nicht erzählt. In meinem letzten Artikel habe ich bereits eine Lanze fürs Loslassen gebrochen und klargestellt, dass Loslassen nicht einfach der Weg der Bequemen ist. Oft ist Loslassen viel härter als am Bekannten festzuhalten. Außerdem ist aufzugeben manchmal einfach die richtige Lösung.

Die Kunst des richtigen Aufgebens

Natürlich sollte man sich persönlichen Wünschen und großen Träumen mit vollem Einsatz widmen und dafür auch schmerzhafte Widerstände in Kauf nehmen können. Doch ihnen blind hinterherzurennen, ohne sich selbst die Korrektur des eigenen Weges zu erlauben, ist einfach nicht sinnvoll – oder anders gesagt schwachsinnig. Sich selbst zu verlieren ist schlimmer als ein Ziel zu verlieren.

„Wer A sagt, der muss nicht B sagen. Er kann auch erkennen, dass A falsch war.“

Bertolt Brecht

 

Wichtig ist natürlich zu wissen, ob es gerade besser ist, aufzugeben oder dranzubleiben. Wer seinen körperlichen und emotionalen Zustand regelmäßig reflektiert, kann zwischen erfüllender Zielerreichung und einem Pyrrhussieg unterscheiden lernen.

Sich für eine fixe Zielvorstellung körperlich zu ruinieren ist „Pyrrhus im Quadrat“

Ein Pyrrhussieg ist ein Sieg, der schon fast einer Niederlage gleichkommt. Ein Sieg, für den so viel Aufwand und Schmerz nötig war, dass sein Erringen am Ende mehr kostet als bringt. Im 3. Jahrhundert v. Chr. zog König Pyrrhus von Epiros für die Griechen in den Krieg gegen die Römer. Er triumphierte über sie in der Schlacht bei Asculum, verlor dabei aber so viele Männer, dass er gesagt haben soll: „Noch so ein Sieg und wir sind verloren!“

Egal, wie wichtig ein Ziel ein mag: Wer bei dessen Verwirklichung seine Gesundheit gefährdet, muss das Ziel und die Strategie, um es zu erreichen, unbedingt hinterfragen. Gibt es Ziele, bei denen Du Dir unsicher bist, ob Du zu viel und unnötig Energie investierst? Dann empfehle ich Dir, einen mehrtägigen, vielleicht sogar mehrwöchigen Zeitraum festzulegen, in dem Du beobachtest, ob der Moment zum Aufhören gekommen ist oder nicht. In dieser Zeit solltest Du Deine Aufmerksamkeit auf drei Bereiche ausrichten:

  1. Dein körperliches Wohlbefinden

Achte als erstes darauf, wie gesund und fit sich Dein Körper anfühlt. Bekommst Du körperliche Schmerz- oder Krankheitssymptome, ist es fatal, sich an Motivationslügen wie „Never give up“ festzuklammern. „Wenn es nicht wehtut, bringt es nichts“ gehört vielleicht ins Fitnessstudio, aber nicht ins Leben.

  1. Deine mentale und emotionale Situation

Beobachte außerdem Deinen psychischen Zustand und Deine Gefühlslage. Wie stark sind Deine mentalen und emotionalen Schwankungen? Am besten, Du setzt dich abends vor dem Einschlafen ein paar Minuten in Ruhe hin und lässt den Tag Revue passieren. Schreibe Deine Beobachtungen über Deine Gedanken und Gefühle über mehrere Wochen in ein Notizheft. Es gibt Menschen, die gehen seelisch am Stock, sind aber körperlich trotzdem total fit. Das ging mir während meines Studiums auch so. Ich hatte keine Beschwerden, aber meine Stimmung würde von Monat zu Monat schlechter. Mehr über meine eigene Geschichte erfährst Du in der ersten Folge meines Podcasts (auch über libsyn oder spotify hörbar). Es war auf jeden Fall Zeit, etwas zu ändern.

  1. Rationale Situationsanalyse und Perspektivbewertung

Parallel zur Beobachtung Deiner körperlichen und seelischen Verfassung, kontrolliere bitte auch den Verlauf Deiner Zielerreichung ganz rational. Du musst Deine Ziele am Ende nicht erreichen, aber Du musst überprüfen: Kommst Du wirklich voran? Machst Du Fortschritte auf dem Weg zu Deinem Ziel? Natürlich kann es immer Rückschritte geben. Auf Dauer sollte Deine Entwicklung in Richtung Ziel aber entsprechend positiv ausfallen. Und ganz wichtig, sich ab und zu die Grundsatzfrage zu stellen: „Ist mir dieses Ziel immer noch wirklich wichtig?“ Denn Prioritäten im Leben ändern sich.

Ein Nein zu einem alten Weg ist immer ein Ja für einen neuen Weg

Wenn Du merkst, dass Du körperlich, emotional oder psychisch dauerhaft leidest, dass Dein Ziel immer unrealistischer statt greifbarer wird oder dass sich Deine Prioritäten im Leben verändert haben, dann lohnt es sich, aufzugeben und loszulassen.

Aber jetzt bitte keine Kurzschlussreaktionen! Hast Du Dich entschieden, einen alten Weg aufzugeben und Dich neu zu orientieren, lass Dir Zeit und schlafe ein paar Nächte über diese Entscheidung. Wenn es keinen direkten körperlichen oder seelischen Alarmzustand gibt, der einen sofortigen Ausstieg notwendig macht, um die eigene Gesundheit zu schützen, machst Du Dir besser einen Plan. Sich blind in etwas Ungewisses zu stürzen kostet nämlich auch viel Energie, genau wie das Loslassen von Gewohntem. Nimm Dir Zeit und entwickele Deinen zukünftigen Weg vernünftig, planvoll, aber auch konsequent und ohne halbherzig zu werden.

Viel Erfolg dabei!

Dein Steffen Kirchner

 

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