Das Ende des Alleinherrschers ist gekommen: Fußball-Bundesligist VfL Wolfsburg trennt sich von seinem Trainer, Manager und Menschendiktator Felix Magath (Pressebericht).
Einfach zu viele Menschen in Form von Fans, Sponsoren und vor allem den aktiven Profis, sprachen sich für ein Ende dieser Zusammenarbeit aus. Eine längst überfällige Entscheidung! Herrschaftsdenken, Einzelkämpfertum und Dressur von Menschen hat nirgendwo mehr seine Berechtigung – nicht mal im Hochleistungssport. Mit dem Trainer Magath, geht auch der Manager Magath, der Geschäftsführer Magath sowie der Herausgeber des Stadionheftes Magath. Menschen mit zuviel Machtanspruch sind generell gefährlich. Mit dem Ende der Ära Magath erhalten Menschlichkeit, Begeisterung und echte innere Leistungsfreude wieder die Chance auf ein Comeback in Wolfsburg.
Die Zeit der Alleinherrscher ist vorbei
Vor wenigen Tagen hörte ich einen hochinteressanten Vortrag eines großartigen Rednerkollegen, namens Wolfgang Bachler. Eine seiner wichtigsten Aussagen lautete: „Die Zeit der Einzelkämpfer und Alleinherrscher ist vorbei“. Bachler ist nicht irgendjemand. Er war einst der jüngste General Chef der weltbesten Spezialeinheit für Anti-Terror-Bekämpfung. 2003 sicherte sich sein COBRA-Team bei einem internationalen Vergleichswettbewerb von 45 Anti-Terroreinheiten Platz 1, vor der deutschen GSG 9. Wenn ein Mensch Zeit seines Lebens damit zu tun hat, Menschen zu führen, mit dem Ziel, andere Menschenleben dadurch zu schützen bzw. zu retten, dann sollte man den Aussagen dieser Person durchaus Bedeutung schenken.
Es geht dabei nicht um die viel zitierte „Teamfähigkeit“, die für Erfolg so wichtig sein soll. Es geht um etwas viel Tiefliegendes: Um Respekt, Wertschätzung von Persönlichkeiten und Anerkennung. Es geht um die Vermittlung von Zugehörigkeitsgefühl in einer Gruppe, durch respektvollen Umgang mit jedem Einzelnen, zu jedem Zeitpunkt – ganz gleich ob man oben oder unten steht! Denn genau diese Werte sind es, die Menschen miteinander verbinden und die Motivation sowie nachhaltigen Erfolg überhaupt erst möglich machen.
Felix Magath – ein Könner ohne Herz
Um eine Sache gleich klarzustellen: Ich zweifle auf keinen Fall an Felix Magaths Kompetenzen als Fußballexperte und Trainer. Aus meiner Sicht ist er ein sehr intelligenter Mensch, mit vielen Talenten, guter Beobachtungsgabe, enormen Know-how und taktischem Verständnis. Rein fachlich ist er wahrscheinlich einer der Prototypen für einen idealen Trainer. Doch ein guter Trainer ist noch lange kein guter Coach. Und ab einem bestimmten Punkt, wollen bzw. müssen Menschen nicht mehr trainiert, sondern gecoacht werden.
Machen Know-how und Fachkompetenz denn automatisch erfolgreich? Die Antwort lautet: Nein! Zu den oben genannten Kompetenzen Magaths müssen unbedingt auch Werte wie Empathie und Menschenfreundlichkeit dazu kommen.
Damit kommen wir zu einer weiteren Frage: Ist bzw. war Felix Magath ein erfolgreicher Trainer? Jeder hat hier seine Sicht der Dinge, doch wer genau hinschaut, kann nur zu einem Ergebnis kommen: Nein, er ist kein erfolgreicher Trainer gewesen! Und ich begründe Ihnen dies auch mit klaren Fakten.
Weltmeister im Hinterlassen verbrannter Erde
Wie definiert man Erfolg? Wird Erfolg nur in Titeln gemessen, oder hat das Ganze auch etwas mit Nachhaltigkeit zu tun? Aus meiner Erfahrung im Profisport darf man erst dann von einem Erfolgstrainer bzw. Manager sprechen, wenn diese Person:
| über viele Jahre zahlreiche junge Sporttalente entdeckt, weiterentwickelt und groß gemacht hat => positive Beispiele: Jürgen Klopp (Borussia Dortmund) oder Hermann Gerland (FC Bayern München).
| ehemals kleine Vereine über viele Jahre wirtschaftlich sowie sportlich zu einer Marke und Größe im Fußballbusiness (mit)entwickelt hat => positive Beispiele: Uli Hoeness (FC Bayern München), Corny Littmann (FC St. Pauli), Thomas Schaaf (Werder Bremen).
| als Trainer über Jahre und Jahrzehnte zusätzlich zu sportlichen Erfolgen & Titeln vor allem auch durch Herzlichkeit und menschenachtende Charakterzüge viel Respekt bei zahlreichen Spielern, Funktionären, Journalisten und Fans in der ganzen Republik (und darüber hinaus) gesammelt hat => positive Beispiele: Franz Beckenbauer, Udo Lattek, Ottmar Hitzfeld. Den Erfolg dieser Persönlichkeiten kann man auch daran messen, dass sie nahezu keine Feinde haben.
War Felix Magath nach dieser Definition in irgendeinem Punkt erfolgreich? Lassen Sie uns nicht philosophieren, sondern genau auf die Fakten schauen:
| Die Trainerkarrriere von Felix Magath begann im Jahr 1992 beim FC Bremerhaven (1 Jahr). Danach legte er eine 2-jährige Pause als Fußballlehrer ein, bis er dann im Jahr 1995 beim HSV wieder in diese Position einstieg. In den insgesamt 20 Jahren seiner Laufbahn, trainierte Magath bis zu heutigen Tag folgende Mannschaften:
Hambuger SV (2 Jahre), 1. FC Nürnberg (1 Jahr), Werder Bremen (1 Jahr), Eintracht Frankfurt (2 Jahre), VfB Stuttgart (3 Jahre), FC Bayern München (3 Jahre), Vfl Wolfsburg (2 Jahre), FC Schalke 04 (2 Jahre), Vfl Wolfsburg (1 Jahr).
Meine Damen und Herren, das sind 10 Trainerstationen mit 9 unterschiedlichen Clubs, innerhalb von 20 Jahren! Das ist die halbe Bundesliga und entspricht einer durchschnittlichen Dauer des Arbeitsverhältnisses von rund 2 Jahren pro Club! Ist das nachhaltig? Kann man hier von Erfolg sprechen? Nein, dieser Wert ist unterirdisch und bedarf keiner weiteren Worte. Felix Magaths Markenzeichen ist neben seinem inflationären Ein- und Verkaufsdrang von Spielern, auch eine noch nie dagewesene Job-Rotation. Das ist ohne Zweifel ein negatives Alleinstellungsmerkmal allererster Güte.
| Erfolge als Trainer: Felix Magath holte mit nur 2 von seinen 9 Clubs nennenswerte sportliche Erfolge. Diese waren die Deutsche Meisterschaft mit dem VfL Wolfsburg im Jahr 2009 und das Double (Meister und DFB-Pokalsieger) mit dem FC Bayern München im Jahr 2005 sowie nochmals 2006. Ohne Frage, dieses zweifache Double ist aus sportlicher Sicht herausragend. Doch abseits des Sports wurde es auch damals schon finster um Magaths menschliche Qualitäten. Der Unterschied zwischen einem guten Trainer und einem guten Coach ist der Faktor Menschlichkeit. 2006 holte Magath das zweite Double mit dem FC Bayern – 2007 wurde er dort als Trainer fristlos entlassen. Vor wenigen Tagen sagte Präsident Uli Hoeness im Rückblick auf die damalige Entlassung Magaths beim FC Bayern folgenden Satz: „Wenn du es mit zwei Titeln in Folge schaffst, 80 Prozent der Spieler gegen dich aufzubringen, stimmt etwas nicht. Dies scheint auch in Wolfsburg das Problem zu sein.“ Spätestens jetzt wird klar: Magath ist fachlich ein Könner, aber menschlich wohl ein Versager.
Angst & Druck als Führungsinstrumente funktionieren – aber nicht lange.
Hat Felix Magath junge Fußballtalente zu Stars entwickelt, indem er ihnen Lust auf Leistung mit Freude und Begeisterung machte und sie dadurch so förderte, dass diese Jungs heute im Kreis der Nationalmannschaft stehen? Nein. Wie auch, bei einer durchschnittlichen Jobdauer von 2 Jahren? Was ihn auszeichnet ist, dass seine Spieler oftmals richtig Angst vor ihm haben (ein Phänomen, dass ich übrigens auch bei zahlreichen anderen Trainern schon während meiner Karriere erlebt habe). Magath arbeitet ständig mit Druck – und wenn es nicht läuft, mit noch mehr Druck. Kommunikation findet bei ihm nur mit ausgewählten „Führungsspielern“ statt. So mancher, wechselt das ganze Jahr keine 10 Sätze mit ihm. Führt man so Menschen im 21. Jahrhundert?
In meiner Funktion als Profisport-Mentaltrainer stand ich vor wenigen Jahren im lockeren Kontakt mit dem FC Schalke 04, bezüglich einer möglichen mentalen Unterstützung vereinzelter Spieler des Vereins. Der Trainer des damals krisengeschüttelten Clubs hieß Felix Magath. Trotz einiger positiver Signale aus dem internen Kreis des Vereins, wurden von der „obersten sportlichen Leitung“ sämtliche Kontakte zu mir und meiner Kollegin damals abrupt abgebrochen. Ein international sehr bekannter und erfahrener Spieler aus dem damaligen Bundesligateam, kommentierte diesen Vorgang nur mit folgenden Zeilen per Sms: „Was willst du von einem Trainer erwarten, der nur mit Angst arbeitet?“.
Menschenentwickler haben Konjunktur, keine Menschenhändler
Viele Beobachter der Fußballszene fragen sich seit Jahren regelmäßig, warum Felix Magath ständig soviele Spieler aus dem Kader wirft und neues Personal einkauft. Die Antwort ist einfach: Wer ununterbrochen mit Angst und Druck arbeitet, hinterlässt verbrannte Erde. Unter günstigsten Voraussetzungen, wie seinerzeit beim FC Bayern München, ist auch mit dieser militanten Methodik ein kurzfristiger sportlicher Erfolg möglich. Doch Nachhaltigkeit zerbricht an schlechter Menschenführung und mangelndem Gefühl für die Bedürfnisse individueller Persönlichkeiten.
Beim Vfl Wolfsburg ließ Felix Magath den Club für die aktuelle Saison sage und schreibe 71 Millionen Euro für neue Spieler investieren. Die alten Spieler seien nicht willig genug und hätten zu wenig Qualität hieß es. Magath holte neues, unverbrauchtes Frischfleisch. Das Ergebnis dieser Maßnahme kann man derzeit schwarz auf weiß ablesen: Tabellenletzter, mit sage und schreibe nur 2 Toren in 8 Spielen. Zahlen lügen nicht.
Weit über 100 Spieler kauften die Vereine von Felix Magath seit Sommer 2001 – über 90 Transfers davon gehen auf das alleinige Konto des Trainer-Managers Magath.
Einer der wichtigsten Aufgaben eines erfolgreichen Trainers ist es doch auch, junge Spieler zu entdecken, zu fördern und zu gestandenen Profis zu entwickeln. Hat Magath denn tatsächlich keinen Blick für Talente? Doch, hat er! Hier eine Auswahl an Spielern, die er in den letzten 10 Jahren zu Profis befördert hat und die auch heute noch erfolgreich spielen (wenn auch natürlich nicht unter ihm selbst):
Julian Draxler (damals FC Schalke 04 U19), Joel Matip (damals FC Schalke 04 II), Andreas Ottl (damals FC Bayern München II), Paolo Guerrero (damals FC Bayern München II), Kevin Kuranyi (damals VfB Stuttgart II), Mats Hummels (damals FC Bayern München II).
Sechs so erfolgreiche Sportler entdeckt zu haben, ist kein schlechter Wert! Das Problem ist also nicht, dass Magath Talente und Potenziale nicht erkennen würde – er kann sie nur nicht langfrstig fördern. Dafür fehlt ihm wohl das notwendige Menschlichkeits-Gen.
Was können Führungskräfte in Unternehmen nun vom mahnenden Beispiel „Felix Magath“ lernen? 5 Punkte:
1. Angst und Druck lassen Menschen, wenn überhaupt, nur kurzfristig besser funktionieren. Die verbrannte Erde die dabei hinterlassen wird, ist enorm und kostet am Ende sehr viel mehr Geld, als eine langfristige Kultur der menschenfreundlichen Förderung und Potenzialentfaltung.
2. Menschen wollen nicht nur leisten, sondern sie wollen wertgeschätzt werden. Motivation, Glück und Leistungsbereitschaft entstehen nicht auf der Ebene von Erfolgsversprechen oder Unternehmenszielen, sondern auf Basis von Anerkennung, Kommunikation und repektvollem Umgang mit jedem Einzlnen.
3. Der kurzfristige Erfolg verdeckt oftmals vieles, was im Kern schiefläuft. Zwischenmenschliche Unzulänglichkeiten kommen über kurz oder lang immer an die Oberfläche, ganz egal wie groß der nackte Erfolg durch Titel oder erreichte Ziele auch sein mag. Je länger das Kernproblem unter der Oberfläche verdeckt bleibt, desto größer wird am Ende der Knall und das daraus resultierende Risiko für ernsthafte Krisen.
4. Wer Menschen nicht entwickeln und führen kann, der muss sie auswechseln. Doch so entsteht weder ein Team, noch eine nachhaltige Entwicklung. Dies bedeutet den Anfang vom Ende für jede Art von positiver Unternehmenskultur.
5. Fachkompetenz und vereinzelte „Titel“ (erreichte Ziele) sind nicht gleichbedeutend mit Erfolg. Ein Erfolgsmensch ist derjenige, der viel erreicht und sich gleichzeitig aber auch viel zwischenmenschlichen Respekt verschafft. Von Menschen wie Ottmar Hitzfeld und besonders Uli Hoeness ist beileibe nicht jeder ein Fan, doch ihnen wird flächendeckend in der ganzen Bundesrepublik, sowie auch international, voller Respekt entgegengebracht. Das liegt nicht in erster Linie an ihren Erfolgen als Trainer bzw. Manager, sondern an ihrer Menschlichkeit und Herzlichkeit.
Um das Thema „Felix Magath“ mit einer Erfolgsregel auf den Punkt zu bringen, möchte ich sagen:
Fachliches Know-how kann man einkaufen – eine empathische Persönlichkeit aber ist in jedem Team unbezahlbar!
Lieber Steffen,
Du sprichst mir aus dem Herzen.
Ich spreche es in meinen Vorträgen auch sehr oft an, dass dieser patriarchaische bis diktatorische Führungsstil nicht langfristig zum Erfolg führen kann.
Wenn man seine Mitarbeiter nicht auch einmal lobt und dies in einer authentischen und wertschätzenden Art & Weise, wird der Führungsstil nicht von Erfolg gekrönt sein.
Beste Grüße
Mario
http://www.mario-arend.de
Lieber Herr Arend,
vielen Dank für Ihr nettes Feedback. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Ihrer Arbeit.
Herzliche Grüße,
Steffen Kirchner