Von welchen Werten lebt der Profisport in erster Linie? Disziplin, Siegeswille, Konkurrenz? Das alles sind wichtige Werte, ganz klar. Doch es gibt noch etwas höheres: Respekt. Lesen Sie die Geschichte, über die große Geste des Volleyball Erfolgstrainers Axel Büring, der im Jahr 2005 seine Goldmedaille mit seinem härtesten Rivalen im wahrsten Sinne des Wortes teilte.Der Pfingstsonntag im Jahr 2005 wurde zu einem historischen Tag: Punktgleich hatten der Münster und die Roten Raben Vilsbiburg in der Volleyball Bundesliga vor dem letzten Spieltag die Tabelle angeführt. Beide Teams standen mit einem Punkteverhältnis von 48:10 an der Spitze der Liga und das Drehbuch wollte es so, dass sich die Mannschaften tatsächlich am letzten Spieltag zum Showdown im direkten Vergleich gegenüber standen.
Rund 5000 Zuschauer waren es offiziell – inoffiziell sollen es noch 1000 mehr gewesen sein. Die Halle des USC Münster am Berg Fidel war mehr als brechend voll, die Bedingungen jenseits jeglicher Sicherheitsvorschriften für Sporthallen in Deutschland. Hunderte von Fans, die von den Sicherheitskräften nicht mehr in die Halle gelassen wurden, mussten vor der Halle bleiben. Einige von ihnen kletterten auf die Bäume neben der Arena, um ein paar Blicke durch die hohen Fenster in Halle auf das Spielfeld zu erhaschen. Es war eine unbeschreibliche Atmosphäre – magisch und beängstigend zugleich, denn die Spannung war zum zerreissen gespannt.
Die Roten Raben, ein Volleyball-Club aus der Kleinstadt Vilsbiburg (rund 10.000 Einwohner), waren damals die Sensation der Liga. Wie Phönix aus der Asche, stieg der bis dato in der 1. Bundesliga eher unbedeutende Club immer höher und stand phasenweise während der Saison sogar an der Tabellenspitze. Mit Vielem hatten Fans, Presse und Experten gerechnet, aber nicht damit. Der kleine niederbayerische Verein, war finanziell klamm und lag von der Höhe des Etats in der Bundesliga im Vergleich zu allen anderen Teams eher in Nähe der Abstiegsregionen. Für den damaligen „FC Bayern des Damen Volleyballs“, den USC Münster, hatte man vor der Saison ganz andere Titelkonkurrenten aus größeren Städten wie z.B. Dresden auf der Rechnung. Es dauerte ohne Übertreibung bis wenige Wochen vor Saisonende, bis tatsächlich alle Beteiligten des deutschen Volleyballsports realisierten, dass die Roten Raben um Cheftrainer Mike Schöps tatsächlich diese Saison um die deutsche Meisterschaft spielten. Vergleichbar zum Fußball wäre das womöglich mit der Erfolgsstory des 1. FC Kaiserslautern, der damals als verhältnismäßig kleiner Club und Aufsteiger aus der 2. Liga, plötzlich die Fußball Bundesliga dominierte und den großen FC Bayern hinter sich ließ.
Der Spielverlauf des unverhofften „Finals“ in der Vollyball Bundesliga im Jahr 2005 ist schnell erzählt. Münster hielt dem Erwartungsdruck vor heimischer Kulisse stand und besiegte den Rivalen aus Niederbayern klar in drei Sätzen. Die Spielerinnen aus Vilsbiburg konnten zu keiner Phase des Spiels an ihre gewohnten Leistungen anknüpfen. Zu groß war der Respekt vor dem scheinbar übermächtigen Gegner und der unvorstellbaren Atmosphäre in der Halle.
Vilsbiburgs Manager Klaus-Peter Jung-Kronseder hatte vor dem Finale mit einem Augenzwinkern gesagt: „Nach dieser Saison hat keiner den zweiten Platz verdient. Man sollte die Medaillen durchsägen und teilen.”
Diese Worte, zeigten Wirkung: Münsters Trainer Axel Büring zersägte nach dem Spiel in der Kabine tatsächlich seine eigene Goldmedaille und ebenso die Silbermedaille seines Trainerkollegen Schöps von den Roten Raben. Nun bekam jeder eine goldene und eine silberne Hälfte. Hier sehen Sie ein Foto vom Ergebnis dieser Aktion. „Eine Geste des Respekts, die selbst mir als gestandenem Trainer die Tränen in die Augen getrieben hat”, sagte Schöps einige Tage später.
Respekt – der oftmals vergessene Erfolgsfaktor
Die Geste des Trainers Axel Büring zeigt sehr schön, was Konkurrenz im Sport, wie auch generell im Leben wirklich auszeichnet. Es geht um den gegenseitigen Respekt füreinander. Wer respektiert, ist erfolgreicher – Punkt!
Büring und Schöps waren weder davor, noch danach beste bzw. private Freunde. Sie respektierten sich als Kollegen. Im Volleyball ist es im Vergleich zu „König Fußball“ nicht so, dass ein Trainer finanziell seine Schäfchen im Trockenen hat, wenn er drei bis vier Jahre halbwegs Erfolg hatte. Es geht jede Saison, ja sogar jede Woche wieder von vorne los, beim Kampf um den eigenen Lebensunterhalt. In dieser Sportart hat der sportliche Erfolg noch viel mehr Einfluss auf menschliche Existenzen, als bei den Kollegen auf dem grünen Rasen. Der ständige Druck, Erfolg haben zu müssen, ist hier auf gewisse Weise also noch deutlich höher als im Profifußball. Nicht medial, aber eben finanziell gesehen, fürs eigene Überleben. Die Konkurrenten kämpfen nicht nur um Punkte und Titel, sondern tatsächlich um ihre eigenen Absicherung, bzw. um die ihrer Familien.
Und trotzdem bringen es zwei privat nicht eng miteinander befreundete Konkurrenten fertig, sich gegenseitig nach dem Spiel in den Armen zu liegen, unter Ausschluß der Öffentlichkeit und ohne TV-Kameras (!), und das Symbol ihrer ganzen Saisonleistung zu zersägen – mit dem Ziel, es miteinander zu teilen!
Ist das sportlich groß? Nein, das ist menschlich groß. Und genau diese Menschlichkeit, dieser Respekt füreinander ist es, was positiven und negativem Wettbewerb voneinander unterscheidet. Wer im Wettkampf gegen andere steht und das Ziel verfolgt, den Konkurrenten zu zerstören, zerstört am Ende sich selbst. Denn wer destruktive Gedanken nach außen sendet, muss dafür mit destruktiven Gedankenkonstrukten seinen eigenen Geist verseuchen, was sich über kurz oder lang sehr negativ für einen selbst auswirkt. Wer aber verstanden hat, dass es im Wettbewerb nicht darum geht, andere klein zu machen, sondern darum, wer sich selbst am besten groß machen kann, der kann auch sein Herz für andere öffnen und große Gesten bzw. Gefühle zulassen. Genau dies ist der Unterschied zwischen jenen, die am Wettbewerb zerbrechen und jenen, die ihn für das nutzen, wofür er gedacht ist: Die Entwicklung des Respekts zu sich selbst, der eigenen Größe und auch der Größe von anderen.
Wir waren bei diesem sensationellen Spiel dabei – Gänsehaut pur und tiefe Berührung und Hochachtung für beide Trainer erlebt! So etwas muss man heute suchen! Dennoch drückt sich Achtung voreinander nicht nur in solchen schönen Akten aus . Es ist einfach im täglichen Miteinander wichtig, dass man Mensch ist und bleibt!!!